Was ist eigentlich guter Tequila? Eine kleine Expedition in die Welt des mexikanischen Nationalgetränks
Comparte
Wenn du an Mexiko denkst, fallen dir wahrscheinlich direkt Tacos, Sombreros und natürlich Tequila ein. Aber Tequila ist für die Mexikaner viel mehr als nur ein Partygetränk. Er ist tief in ihrer Kultur verwurzelt – quasi die flüssig gewordene Seele Mexikos. Während wir hier noch mit Schnaps und Kurzen um uns werfen, wird in Mexiko der Tequila zelebriert wie ein guter Whisky. Kein Wunder, denn ein richtig guter Tequila hat mit dem Zeug, das du früher auf Malle gesoffen hast, etwa so viel zu tun wie ein Michelin-Stern-Menü mit einem Döner um vier Uhr morgens.
Aber was ist überhaupt Tequila?
Kurz gesagt: Tequila ist eine aus der blauen Weber-Agave destillierte Spirituose, die ausschließlich in bestimmten Regionen Mexikos hergestellt werden darf. Quasi das "Champagner-Prinzip" auf mexikanisch. Aber nicht alles, was Tequila draufstehen hat, ist auch wirklich guter Tequila. Die Herstellung ist streng reguliert und nur in fünf mexikanischen Bundesstaaten erlaubt, wobei Jalisco das Herz der Tequila-Produktion ist.
Der heilige Gral: 100% de Agave
Hier kommt der Game-Changer: Ein richtig guter Tequila muss zu 100% aus Agave hergestellt sein. Das steht dann auch fett auf der Flasche: "100% de Agave". Alles andere ist – sorry, aber ist so – eigentlich Müll. Diese "Mixtos" werden mit bis zu 49% anderen Zuckern gestreckt. Das ist in etwa so, als würdest du deinen teuren Bordeaux mit Traubensaft verdünnen. Geht gar nicht.
Echte Qualitäts-Tequilas kommen außerdem meist als "Small Batch" daher. Das bedeutet, sie werden in kleinen Chargen produziert, quasi Handarbeit statt Massenware. Und noch was: Ein guter Tequila braucht keine Zusatzstoffe. Keine Aromen, keine Farbstoffe, kein Glycerin für künstliche Smoothness – nada. Pure Agave, mehr nicht.
Handwerk statt Industrie
Jetzt wird's romantisch: Bevor auch nur ein Tropfen Tequila in der Flasche landet, müssen die Agaven mindestens 6-7 Jahre wachsen. Manche Produzenten lassen sich sogar 10 Jahre Zeit. Die Jimadores (so heißen die Agaven-Ernter) hacken dann mit ihrer Coa (einer Art Spezialmachete) die schweren Agavenherzen aus der Erde. Harte Arbeit bei 30 Grad im Schatten – Respekt, Amigos!
Nach der Ernte werden die Agavenherzen traditionell in Steinöfen 24-36 Stunden bei niedrigen Temperaturen gekocht. Das ist wichtig für die Entwicklung der Aromen. Industrielle Schnellkocher (Autoklaven) sind zwar effizienter, aber hey – guter Tequila braucht eben Zeit.
Die Wissenschaft des guten Geschmacks
Der perfekte Tequila ist wie eine gut geölte Maschine – jedes Detail muss stimmen:
Wasser und Alkohol:
● Naturbelassenes Quellwasser aus den Bergen um Jalisco
● Alkoholgehalt zwischen 38% und 40% (der Sweet Spot für optimalen Geschmack)
Produktion:
● Doppelte Destillation in kleinen Kupferkesseln
● Mindestens 72 Stunden Fermentation mit natürlichen Hefen
● Traditionelle Tahona oder moderne Roller Mill zur Zerkleinerung
● Keine Diffusor-Herstellung (das wäre wie Fast Food)
Geschmackskriterien: Ein Premium-Tequila überzeugt durch:
● Natürliche Agaven-Süße
● Komplexes Aromenprofil
● Deutliche Mineralität
● Cremiges, öliges Mundgefühl
● Langer, sauberer Abgang ohne unangenehmes Brennen
Red Flags - Finger weg, wenn:
● Glycerin zugesetzt wurde
● Künstliche Aromen drin sind
● Nachträglich gesüßt wurde
● "Mixto" draufsteht
● Mit Diffusor hergestellt wurde
Fazit: Guter Tequila ist wie eine mexikanische Liebesgeschichte – leidenschaftlich, komplex und nichts für Ungeduldige. Er braucht Zeit, Handwerkskunst und absolute Hingabe zum Detail. Die Kunst ist es, all diese Faktoren in perfekter Balance zu vereinen. Wenn du das nächste Mal eine Flasche kaufst, achte auf diese Details – dein Gaumen (und dein Kopf am nächsten Morgen) werden es dir danken.
Übrigens: Die besten Tequilas trinkt man pur, bei Raumtemperatur und in kleinen Schlucken. Shot? Nö, das wäre ja wie einen 20 Jahre alten Whisky zu shootern. Kulturbanause!
¡Salud! Und denk dran: Ein guter Tequila ist wie ein guter Freund – man erkennt ihn daran, dass er einen nicht am nächsten Tag im Stich lässt.
Autor: Tequiladealer - https://www.tequiladealer.de/